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Hoka Hey!

Zunächst einmal, um das gleich vorab zu klären: Nein, das sind keine Luftkissenboote, und nein, man kann darauf nicht übers Wasser gehen - aber ja: Man läuft wie auf Wolken. "Time to fly" ist der ziemlich vollmundige Slogan der Ultralaufschuhmarke #Hoka - und er wird definitiv eingelöst. 

Time to fly?



Was für manch anderen die weihnachtliche Geschenkebescherung ist, das ist für die geneigte Läuferin (also mich) ein Ausflug nach Bochum Wattenscheid. Dort findet sich nämlich nicht nur der legendäre TV Wattenscheid 01, sondern auch der Laufladen meines Vertrauens mit dem standortgemäßen Namen "Wat läuft?". Voller Vorfreude mache ich mich also an einem wunderschönen Sommersamstag auf den Weg von Neuss nach Bochum um meine Laufgarderobe um großartiges neues Equipment zu bereichern. Samt meinen alten Laufschuhen (todesmutig im Runnerspoint-Schuhbeutel - was soll ich sagen, der Schuhbeutel ist einfach gut) geht es zur beratenden Audienz mit dem "Dealer" und kurz darauf stehe ich auch schon in knallfroschgrünen Laufsocken und einem Meer von großartigen Laufschuhen - so müssten Samstage eigentlich öfter sein! Nun muss, gewissermaßen um den Rahmen zu erläutern, erklärt werden, dass #Wat läuft? vor allem auf Trail- und Ultraläufer spezialisiert ist - und damit im Prinzip auf sympathische Spinner, die gerne den ganzen Tag in ihren Laufschuhen verbringen und mitunter auch "mal eben" 100 Kilometer oder mehr durch die Walachei joggen. Da kann ein spezieller Schuh nicht schaden, und eben solche Schuhe gibt es bei "Wat läuft?": Hokas eben. Auf den ersten Blick erinnern die Schuhe an die 90er-Jahre-Modesünden von Buffalo und so wundert es wenig, dass es die meisten Läufer eine gewisse Überwindung kostet, ein Paar Hokas anzuprobieren. Schließlich sind besonders Läufer ein eitles Völkchen und man möchte als stolzer Athlet und nicht als übriggebliebener Nineties-Raver wahrgenommen werden.

Immerhin: Ich wollte einen auffälligen Schuh und auffällig ist der Hoka Bondi allemal. Beim Testlauf im Hinterhof dann die Erleuchtung: Dieser Schuh läuft fast von alleine! Die Jubelschreie meines malträtierten Sprunggelenks kann ich buchstäblich hören, die Dämpfung ist perfekt und ein ungeahnter Vorschub macht das Aufhören wirklich schwer. Nichtsdestotrotz, die klobige Optik ist einfach gewöhnungsbedürftig. Und der Hoka hat ziemlich schnittige Konkurrenz von Scott, die auch nicht eben ungemütlich ist und in Sachen Style um Längen vorne liegt. Tja, aber dieses Wolkending…

Es dürfte wohl kaum einen Laufschuh geben, bei dem sich optischer Eindruck und Tragegefühl so enorm widersprechen. Man möchte meinen, dass soviel Schuh einem die Ferse buchstäblich an den Boden tackert. Doch diese Annahme täuscht in gleich mehrlei Hinsicht: Zum Einen überrascht der Hoka als echtes Leichtgewicht. Zum anderen sorgt die leicht gebogene Sohle für enormen Vorschub und zwingt einen nahezu in den Mittelfußlauf - eine echte Offenbarung für Schleichfußindiander wie mich, die die Füße kaum vom Boden heben: Quasi nebenbei tunt der Hoka spürbar die eigene Laufökonomie.

"Am Anfang ist es etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach ein paar Kilometern bekommst Du das Grinsen einfach nicht mehr aus dem Gesicht" - das und nicht weniger verspricht Rolf im Brustton der Überzeugung. Schließlich ringe ich meine Eitelkeiten nieder, entschädige diese mit einer hübschen Laufhose und entscheide mich für das Wundergerät. Auf dem Nachhauseweg bin ich fast noch aufgeregter als vorher, ich kann es kaum erwarten, die Schuhe auf der Piste zu testen. 
Gut nach dem ersten Flug gelandet

Und Rolf behält recht: Dieser Schuh macht einfach Spaß, und die gut zehn Kilometer, auf denen ich die neuen Schuhe teste, fliegen trotz 27 Grad im Schatten für meine Verhältnisse in Turbogeschwindigkeit vorbei. Am Ende bin ich erledigt und glücklich - und finde inzwischen sogar, dass die Teile irgendwie ganz cool aussehen. Mit Laufschuhen ist es vielleicht ein bisschen, wie mit Menschen, die man gern hat: Sie werden mit der Zeit immer schöner. Und keine Angst: Laufen darf man immer noch selbst.

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