

Unfassbar, dass ich gestern um halb elf aufgewacht
bin und mich eigentlich schon absolut in der Lage fühlte, eine Runde laufen zu
gehen. Reine Vernunft war es, die verlangte, noch ein paar Stunden
weiterzuschlafen. Als Marit und ich uns viel später in der Küche begegnen, bin
ich tatsächlich fit und habe zusätzlich ein paar Stunden mehr Erholung auf dem Tacho. Der
Kater, den ich zweifelsohne verdient hätte, hat sich ungerechterweise offenbar
bei meiner Freundin eingekuschelt. Inzwischen, nachdem wir den Nachmittag so
herrlich verquatscht haben, ist der Tag für alles zu kurz: Ein Besuch im
Pergamon Museum macht, wie ich mir eingestehen muss, keinen Sinn mehr und auch
das Fitnessstudio mit Pool und Wellnessbereich wäre schön gewesen, würde aber
definitiv mehr Zeit beanspruchen, als die zwei Stunden, die jetzt noch bleiben,
bis der Besuch für den Abend kommt. Für eine Stunde laufen reicht die Zeit aber
noch, und wenigstens habe ich die Sportklamotten dann nicht umsonst
mitgenommen. Draußen herrscht objektiv betrachtet eher Sauwetter (es ist grau
und schneit), aber ich bin guter Dinge, denn bekanntlich gibt es ja kein
schlechtes Wetter mit der richtigen Kleidung – schon gar nicht für
hartgesottene Läuferinnen. Und das tolle Salomon-Winterhoody vom
Lieblingsdealer #WatLäuft sowie die neuen Laufhandschuhe wollen schließlich
auch mal adäquat ausgeführt werden. Also ab an die Spree und los geht’s. Wie so
oft in unbekannten Gefilden laufe ich erst einmal in eine Sackgasse, aber das
macht nichts, ich bin ja in Berlin und deshalb gibt es zumindest überall Berlin
zu sehen. Ab in die andere Richtung und es dauert nicht lange, bis ich die
wirklich sehr sehenswerte #EastSideGallery entlanglaufe. Zu diesem Zeitpunkt
ist aus ein paar Schneeflocken ein massives Schneetreiben geworden. Und ich
stelle fest, dass auch die Hauptstadt, die mir eigentlich immer zu groß und zu
viel ist, definitiv ruhige und angenehm einsame Momente zu bieten hat. Auch
wenn selbst meine tollen Klamotten allmählich durchgeweicht sind – die kleinen
Schneeflocken-Nadelstiche im Gesicht, die inzwischen finstere Spree und der
Neuschnee, in den ich die ersten Fußspuren setzen darf, die auf dem Rückweg
schon nicht mehr zu sehen sind, verbinden sich mit Mauerresten und großartiger
Street Art zu etwas Besonderem. Als ich das erste Mal auf die Uhr sehe, stehen
dort bereits 3,3 km, die ich gar nicht bemerkt habe, und als ich später am Ende meines Laufes ankomme, bin ich tatsächlich über
eine Stunde unterwegs gewesen. Vielleicht habe ich nicht viel von Berlin
gesehen, aber dafür war das Gesehene einmalig.

Kleiner Genießernachtrag:
Am nächsten Tag schaffen
wir es zwar noch zum Pergamon Museum, doch Zeitmangel und die betrüblich lange Schlange
an der Kasse machen den Plan vollends zunichte. Berlin zeigt sich in seiner
maximalen Unwirtlichkeit, überall liegt Schneematsch und nach etwa zwanzig
Minuten Fußmarsch sind die Stiefel durchweicht und die Füße nass. Wir landen
nach etwas Sucherei schließlich im #BarcomisDeli, das in einem entzückenden
Hinterhof in Mitte liegt, und werden für alles entschädigt: Absolut köstliche
selbstgebackene Bagels mit großartigen Aufstrichen und unwiderstehliche verschiedenste
Küchlein, von denen man sogar den letzten Krümel noch mit dem Finger aufsammeln
muss. Beim nächsten Mal muss ich den Probierteller mit sechs halben
Kuchenstücken haben, das steht jetzt schon fest.
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